In Ziegelhausen waren, genau wie in allen Orten die lebensnotwendigen
Gewerbe vorhanden: Schmiede und Schlosser, Schuhmacher und Schneider,
Wagner, Schreiner und Zimmerleute.
In früheren Zeiten als die Arbeitszeit bei den Handwerksberufen
noch nicht geregelt war, bestand die Sitte am Montag nicht zu
arbeiten, man machte den "Blauen". Die Bezeichnung rührte
daher, dass am ersten Montag in der Fastenzeit die Kirche mit
blauem Tuch ausgeschlagen wurde. An diesem Montag hatten die Handwerksgesellen
arbeitsfrei. Allmählich dehnte sich diese Gewohnheit auf
alle Montage im Jahr aus. Die Obrigkeit duldete diesen Brauch.
Anzeige erfolgte nur, wenn Betrunkene angetroffen wurden. Eine
solche Anzeige liegt uns aus dem Jahr 1858 vor. Ein Gendarm traf
"am Montag einen Zimmermann in der Wirtschaft zum Knapp in
Peterstal beim Blauen machen in betrunkenem Zustand an" und
erstattete Anzeige beim Bürgermeisteramt.
In Ziegelhausen und Peterstal gab es zusätzlich noch mehrere
Berufe, die mit der Bodenbeschaffenheit oder mit dem Wasser zusammenhingen.
So ist bekannt, dass bereits die Römer Tonerde in Ziegelhausen
fanden und zu Ziegeln und Backsteinen verarbeiteten und auch zu
Gefäßen.
Im Mittelalter waren es die Mönche des Klosters Schönau,
die die erste Ziegelei, das "obere Zigelhus" 1220 errichteten
und damit den Anlass zur Gründung des Dorfes Ziegelhausen
gaben. Diese Ziegelei bestand bis zur Auflösung des Klosters
Schönau in der Reformationszeit. Bis vor Beginn des Dreißigjährigen
Krieges wurden Ziegel und Backsteine für den einheimischen
Bedarf hergestellt. Es wurden "Feldbrandbacksteine"
hergestellt zur Füllung der Riegelwände für Fachwerkhäuser,
erst später wurden Häuser aus Backsteinen gebaut. Außer
Herzziegel wurden später auch Doppelfalzziegel bekannt, die
vielfach geteert und glasiert wurden.
Der Abbau des blauen Tones geschah im Tagebau, wenn auch im Ton
gefundene Eisenteile auf Gewinnung in Gruben und Schächten
hinweisen.
Im Jahre 1872 wurde die Dampfziegelei Kühner und Co. Gegründet,
auf dem Ziegeleiplatz neben der später erbauten Neckarbrücke.
Der Beruf "Hafner", der aus blauem Ton Gebrauchsgeschirr
anfertigte, ist von 1600 bis nach 1800 schon bekannt.
In einem Kalkofen beim Haarlaß
wurde der dort ziemlich mächtige kalkhaltige Löß
verarbeitet.
Zur Herstellung von Ziegeln in dem "nyederen Zigelhus"
eigneten sich aber nur die oberen entkalkten, verlehmten Schichten.
Zur Herstellung von Weißkalk dienten auch die Kalkgeschiebe
des Neckarschotters. Sie wurden durch sogenannte "Steinnächler"
gewerbsmäßig, von Nachen aus, im Neckarbett gesucht.
"Statt die große Kalchstein von Laymen holen, die
übrige aber im Neckar suchen lassen und kauffen, hat sich
bißher befunden, daß man dabey einen guten nutzen
gehabt!"
Die Steinhauerei ist bereits
vor 1600 nachzuweisen. Die harten Bänke des mittleren Buntsandsteins
wurden bis in unsere Tage abgebaut und zu Bausteinen verwendet.
Dies waren die Steingruben am Fuße des Hahnberges unterhalb
der alten Münchelstraße, heute die Schönauer Straße.
Steinhauer und Maurer waren die häufigsten Berufe der Einwohner.
1602 erhielt der Steinmetz Andreas Schilling seine Bezahlung
"vor 30 gehauene Steinen zu dem Gelenter oder Schranken über
der Neckarbrücken in Heydelberg, zu hauen, herabzuführen
und zu setzen". Auch "das große Bassin, in welches
das Wasser vom Apollotempel in Schwetzingen..., ist aus einem
Sandsteinstücke aus den Ziegelhäuser Brüchen gefertigt".
Nach 1700 beim Wiederaufbau der Pfalz war Hochbetrieb, als die
Steine für die Neubauten in Mannheim und Heidelberg in Ziegelhausen
gebrochen und bearbeitet wurden. Auch für das Mannheimer
Tor in Heidelberg übernahm "Meister J. Jac. Zehe die
Steinhauerarbeiten", der auch Schultheiß in Ziegelhausen
war.
Im ganzen 19. Jahrhundert erlebte die Steinhauerei einen Höhepunkt.
Die hochgelegenen Brüche am Neckarberg östlich des Dorfes
wurden angelegt und bis 1900 betrieben. Dann hörte das Gewerbe
der Steinhauerei völlig auf.
Aus dem Porphyr der vulkanischen Spalte an der Grenze wurden
Pflastersteine hergestellt und Straßenschotter aus dem Porphyrbruch
im Kreuzgrundtal. Auch diese Brüche sind stillgelegt.
Ein Manganerzbergwerk wurde
1893 im Mausbachtal angelegt, ein 460 m langer Stollen und das
Manganerzlager erreichte man bei 393,5 m Tiefe. 130 Tonnen Erz
wurden abgebaut und die Röchling Stahlwerke in Völklingen
verhütteten es. Nur drei Jahre wurde geschürft. Sowohl
im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg waren Bestrebungen vorhanden,
aber sie scheiterten wegen des geringen Metallgehalts im Erz.
Weitere Gewerbe, die mit dem Wasser verbunden waren, konnten
entstehen. Die Kraft der wasserreichen Bäche konnte zum Betrieb
von Mühlen genutzt werden.
Die Stiftsmühle wurde vom Wasser des Mausbachs angetrieben.
Zum Teil wurde auch Wasser des Steinbachs zugeleitet. 1882 zerstörte
ein Brand die Mühle und sie wurde nicht mehr aufgebaut, sondern
nur die Gastwirtschaft weitergeführt und vergrößert.
Es war die älteste Mühle und bereits 1399 erwähnt
als Klostermühle. Im Steinbachtal reihte sich Mühle
an Mühle: Kurz vor der Mündung des Steinbachs in den
Neckar wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg eine Mühle
errichtet mit einem wechselreichen Schicksal, das 1893 als Mühle
endete, als eine Möbelwerkstätte eingerichtet wurde,
dann eine Apotheke und nach dem Besitzer "Hosefelderei"
genannt wurde. Die zweite Mühle im Steinbachtal bestand am
längsten, von 1410 an bis 1897, da wurde eine Kettenschmiede
eingerichtet bis 1925, dann ein Geschäft von Adam Wetzel,
bis heute noch. Dann folgte die Macksche Mühle, schon 1410
erwähnt: sie war im Laufe der Jahrhunderte eine gewürz-,
dann Mahl-, Walk-, Ölmühle bis schließlich um
1900 Wohnungen eingebaut wurden und 1926 von Friedr. Th. Fischer
eine Seifenfabrik gegründet wurde. In einer anderen Walk-,
Schleif- und Mahlmühle wurde später eine Windenfabrik
und ein Vernicklerei-Betrieb eingerichtet. Es gab ferner im Steinbachtal
auch noch eine untere und obere Pulvermühle zur Herstellung
von Schießpulver (aus Holzkohle, Salpeter und Schwefel).
Auf "Schwarzen Schiffen" wurde das Pulver verladen und
am Neckar weiter befördert. In einer Papiermühle wurde
nach der Stilllegung eine Hammerschmiede und Kettenschmiede eingerichtet.
In der Eselsmühle, die Mahlgänge hatte, wurde ab 1879
eine Bürstenbinderei gegründet und in der Wunschenmühle
wurde die erste Dampfgroßwäscherei eingerichtet, als
1903 der Mühlenbetrieb eingestellt wurde. Aus der Lohmühle
der Heidelberger Gerbergesellschaft wurde nach der Stilllegung
eine Schleiferei und Schmiede. Zwischen dem "Fürstenbrunnen"
und dem Zusammenfluß der beiden Steinbachquellen befand
sich die Lohmühle der Haarlaßgerberei, die auch mehrere
Umbauten als Schicksal hatte. Und die letzte der dreizehn Mühlen
befand sich an der Gemarkungsgrenze zu Peterstal und hieß
daher die Mühle an der Grenze.
Ein weiteres wichtiges Gewerbe waren und sind bis heute die Gastwirtschaften.
Das älteste Gasthaus in Ziegelhausen ist der "Goldene
Ochsen", seit 1584 schon. Die anderen Gasthäuser waren
und sind: der "Goldene Hirsch", die "Pfalz",
der "Schwanen", der "Schwarze Adler", das
"Schwarze Lamm", das "Parkhotel Haarlaß",
die "Stiftsmühle", die "Rose", das "Steinbacher
Tal", der "Fürstenhof", die "Grenze",
Wirtschaft "Fuchs", das "Neckartal" und in
Peterstal "Zum Löwen", "Zum Grünen Baum",
das "Café Stark" und der bekannte Familienbetrieb
"Zum Waldhorn".
Auch gab es eine Wirtschaft ohne Schild im Rainweg 70, die "Wetzel-Wirtschaft",
die auch eine Kegelbahn hatte. Heute befindet sich in diesem Haus
die Firma "Druckservice Fischer", die unsere "Stadtteil-Rundschau"
Ziegelhausen-Peterstal druckt.
So gegen 1800 fanden die Bewohner eine weitere Beschäftigung
durch die Wäscherei. Das
weiche und kalkfreie Wasser des Steinbachs gab die Voraussetzung
für dieses Gewerbe und durch die anschließende Rasenbleiche
auf den Wiesen des Steinbachtales und auf den Wiesen im Neckartal
wurde die Wäsche schneeweiß. 1837 wurde zum erstenmal
darüber berichtet: Es heißt da: "Die Bewohner
sind emsige Leute und benützen diese Wiesen zum Bleichen,
dem sie mit unermüdlichem Fleiße obliegen, solang die
liebe Sonne scheint. Mit dem Eintritt des Frühjahrs werden
die Weiber und Mädchen fast alle bleichsüchtig und die
Mannheimer und Heidelberger Herren und Frauen verdanken dieser
Bleichsucht einen großen Teil ihrer Reinlichkeit. Dieses
Geschäft wird so viel als möglich ins Große getrieben
und ernährt viele Familien."
In Peterstal wurde die Wäscherei so eifrig betrieben, dass
der Pfarrer klagte: "Die Beschäftigung mit Waschen und
Bleichen vermindert die Zahl der Kirchgänger, da sie viele
wegen dem Waschen vom Kirchenbesuch abhält."
Bis zum Zweiten Weltkrieg blieb die Wäscherei ein Hausbetrieb,
bei der die ganze Familie mithalf, selbstverständlich auch
die Männer, die "Wascher" waren. Auch die Wäsche
der Heidelberger und Mannheimer wurde in Ziegelhausen gewaschen.
Montags in der Früh schoben die "Waschleute" ihre
Handwagen, die mit gewaschener und gebügelter Wäsche
hochbeladen waren nach Heidelberg. Die Wäscherinnen trugen
auch ihre Wäschebündel auf dem Kopf. Leichter wurde
es als Pferdefuhrwerke beladen werden konnten und als man mit
der Eisenbahn die Wäsche nach Mannheim brachte. Viele Stunden
benötigte man, um die Wäsche zu den einzelnen Kunden
zu bringen und von diesen dann die gebrauchte Wäsche mitzunehmen.
Eine weitere Erleichterung brachten die Autos bei der Auslieferung
und beim Abholen der Wäsche. Den Waschblausäckchen verdankte
die Wäsche ihr strahlend weißes Aussehen und die Bewohner
von Ziegelhausen und Peterstal ihren Scherznamen "Bleelumpen".
Bei Regenwetter wurde die Wäsche in die Trockenschuppen,
"Drickelschuppen" gehängt. Die Wäscherei brachte
auch regelmäßig Geld ins Dorf, so dass die Arbeitslosigkeit
nach 1918 nicht so fühlbar wurde wie in Fabrikarbeitergemeinden.
Sogar eine Dissertation über "Die Wäschereidörfer
Ziegelhausen und Peterstal" wurde 1905 geschrieben. Nach
dem Zweiten Weltkrieg wurden viele kleine Hausbetriebe aufgegeben.
Es entstanden leistungsfähige Großbetriebe. Ziegelhausen
hat damit seinen Charakter als "Wäscherei-Dorf"
verloren.
Die Zahl der in der Wäscherei
Erwerbstätigen war in Ziegelhausen
- 1882 in 72 Wäschereien 208 Personen von 2155 Einw. =
9,7 %
- 1895 in 122 Wäschereien 362 Personen von 2504 Einw. =
14,0 %
- 1900 in 180 Wäschereien
- 1939 in 230 Wäschereien 1200 Personen von 5000 Einw.
= 24,0 %
- 1946 in 100 Wäschereien
- 1965 in 5 Wäschereien
- 1968 in 9 Wäschereien
Für Peterstal ist uns bekannt
- 1882 in 30 Wäschereien 94 Personen von 392 Einw. = 24,0
%
- 1895 in 60 Wäschereien 124 Personen von 485 Einw. = 25,0
%
- 1900 in 61 Wäschereien
Noch ein weiteres Gewerbe hing von der Reinheit des Wassers und
auch der Luft ab, die Gelatinefabrikation.
1888 wurde am Ausgang des Bärenbachtals anstelle der alte
Ölmühle eine Fabrik zur Gewinnung der Speisegelatine
errichtet. Später wurde auch Filmgelatine hergestellt. Die
Fabrik wurde 1930 nach Eberbach verlegt.
Eine Salpeterfabrik wurde 1877
im Hause der ehemaligen Wirtschaft "Zur Pfalz" eingerichtet.
Sie erhielt die Rohstoffe zur Salpeterbereitung auf dem Wasserweg
und die Fertigware wurde ebenfalls wieder auf dem Neckar befördert.
Bis zur Fertigstellung des Neckarkanals im Jahre 1930 wurde auf
dem Neckar die Flößerei
betrieben. Fichtenstämme aus dem Odenwald wurden von Floßmachern
zu über 100 m langen Flößen zusammengebunden.
Der Schiffsverkehr auf dem Neckar
vollzog sich talwärts durch die Strömung des Flusses,
am besten wenn die hölzernen Schiffe voll geladen waren.
Neckaraufwärts mussten die Schiffe durch Pferde und Schiffer
gezogen werden. Am oberen Ende des Schiffsmastes wurde eine lange
Leine angebunden, an deren verzweigtem Ende auf der nördlichen
Uferseite die Zugpferde paarweise angeschirrt waren. Ein Nachen-
oder Halfreiter saß auf dem einen Pferd und führte
es auf dem gepflasterten "Leinpfad" mühevoll bergwärts.
Nach einer gewissen Zeit mussten die Zugpferde ausgewechselt werden.
Bei der Wirtschaft "Zum Neckartal" in der Brahmsstraße
wurden neue Pferde eingespannt. Die ermüdeten Tiere ruhten
sich im Stall bis zur nächsten Tour aus.
Der erste Kettenschlepper fuhr
im Jahre 1878.
Von Mannheim bis Heilbronn wurde eine 126 km lange Kette gelegt,
an ihr zog sich der Dampfschlepper mit einem 110-PS-Motor flussaufwärts.
Ein künstliche Fahrrinne hatte man für den "Schleppergraben"
ausgebaggert, in der die Schlepperkette lag. Als 1930 der Neckar
kanalisiert wurde, fuhren meistens Selbstfahrer-Motorschiffe mit
einem Fassungsvermögen bis zu 1500 Tonnen.
Die Fischerei ist wahrscheinlich
der erste Grund für die Gründung des Dorfes, denn der
Fischreichtum im Neckar und im Steinbach zog die ersten Ansiedler
hierher. Auch später, das heißt nach der Neckarverordnung
von 1725 als die Fischerei nicht mehr ausschließlich "vom
Rhein bis an die Rheinbach eine gemeine alliment" war. Das
Kloster Neuburg hatte sein eigenes Fischrecht. Meistens wurde
es aber an Ziegelhäuser Fischer verpachtet. Hinzu kam noch
ein weiteres Fischrecht "in der Mühlbach von der Stiftsmühle
bis an den ersten Damm im Steinbachtal".
Die "Fürstenweiher", die von den Pfälzer
Kurfürsten in dem breiten Wiesengrund des Steinbachtales
zum Fischen und Krebsen angelegt waren, boten eine weitere Gelegenheit
zum Fischfang. Leider wurden diese fischreichen Fürstenweiher
trockengelegt, als Karl-Theodor nach München übersiedelte.
Für die Anlage von Fabrikbetrieben bietet Ziegelhausen wenig
Platz. In den Räumlichkeiten der einstigen Gelatinefabrik
war die Schokoladenfabrik Franz Haaf und die Fallschirmfabrik
Richard Kohnke.
Dieser geschichtliche Rückblick über das Gewerbe in
Ziegelhausen und Peterstal zeigt die Veränderungen über
Jahrhunderte, zeigt das Auf und Ab bis in unsere Gegenwart.
|